Andreas Müller, vom 06.10.2011 18:11 Uhr
Der EnBW-Deal war verfassungswidrig. Foto: dpa
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Stuttgart - Es sei ein guter Tag für Baden-Württemberg, behauptete Stefan Mappus, als er am 6. Dezember 2010 in einer Nacht-und-Nebel-Aktion für fast fünf Milliarden Euro die Hälfte des Energiekonzerns EnBW kaufte. In den zehn Monaten seither hat sich schmerzhaft erwiesen, dass das Geschäft weder für das Land und die Steuerzahler noch für das Unternehmen, seine Mitarbeiter und seine Kunden gut war. Als wirklich guter Tag darf deshalb nur der Donnerstag gelten, an dem der Staatsgerichtshof über den angeblichen „EnBW-Coup“ geurteilt hat.
In einer bemerkenswerten, nicht unbedingt zu erwartenden Klarheit haben die Richter ihn als das eingestuft, was die frühere Opposition von SPD und Grünen beklagt hatte: einen glatten Verfassungsbruch durch Mappus und seinen damaligen Finanzminister Willi Stächele. Zu Unrecht haben sich die beiden auf eine für Notlagen vorgesehene Ausnahmeklausel gestützt, um den Landtag auszuschalten und erst gar keine Diskussion über die schon damals höchst fragwürdige Transaktion aufkommen zu lassen. Dies wird ihnen nun höchstrichterlich bescheinigt.
Im Grunde müssten nicht nur SPD und Grüne, sondern alle Fraktionen des Landtag dem Staatsgerichtshof höchst dankbar sein. Es ging schließlich nicht um Parteiinteressen, sondern um die Kernkompetenz des gesamten Parlaments, den Haushalt aufzustellen. Jede andere Entscheidung hätte dieses „Königsrecht“ dramatisch untergraben. CDU und FDP können sich indes nicht wirklich freuen, weil das Urteil auch ihre Rolle bei dem EnBW-Deal beleuchtet. Indirekt attestiert ihnen das Gericht, mit ihrer Zustimmung nachträglich einen Verfassungsbruch abgesegnet zu haben.
Rücksichtslos ausgenutzt
Nun ließe sich einwenden, dass die Regierungsfraktionen kurz vor der Wahl in der Hand des Ministerpräsidenten waren und nicht anders konnten; das hat Mappus rücksichtslos ausgenutzt. Die klügeren Köpfe in der Koalition erkannten schon damals die Problematik des Aktiengeschäfts, hielten aber aus wahltaktischen Gründen den Mund. Nun aber, da die Wahl verloren und Mappus weg ist, geriert sich vor allem die Landtags-CDU immer noch so, als wäre sie weiter in der Geiselhaft des Ex-Premiers. Die Chance auf die dringend notwendige Neubewertung des EnBW-Deals hat sie bisher vergeben, stattdessen werden trotzig die alten, unhaltbaren Positionen verteidigt. Selbst der Fraktionschef Peter Hauk strickt fleißig weiter an Mappus’ längst entlarvter Legende, derzufolge angeblich höchster Handlungsdruck bestand.
Das mangelnde Problembewusstsein der CDU zeigte sich schon darin, dass sie ausgerechnet die neben Mappus zentrale Figur des EnBW-Deals als Landtagspräsidenten vorschlug. Nun, nach dem Urteil des Staatsgerichtshofs, rächt sich auch das. Willi Stächele mag die Rücktrittsforderungen von Grünen und SPD aussitzen, aber seine Autorität ist ein für allemal dahin. Wie soll jemand glaubhaft die Interessen des Parlaments vertreten, dem bescheinigt wurde, diese per Verfassungsbruch ausgehebelt zu haben? Je treuer die Christdemokraten zu Stächele stehen, desto mehr begeben sich alle miteinander ins Abseits.
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