Sunday, 9 October 2011

Verfassungswidriges Verfassungsrecht?

1. In dem Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG ist es nicht zulässig, das vorlegende Gericht als "Beteiligten" anzuhören oder einem seiner Mitglieder persönlich das Wort zu erteilen.  
2. Die Norm einer Verfassung kann dann nichtig sein, wenn sie grundlegende Gerechtigkeitspostulate, die zu den Grundentscheidungen dieser Verfassung selbst gehören, in schlechthin unerträglichem Maße mißachtet.  
3. Will ein Gericht eine Norm der Verfassung um einer vermeintlich übergeordneten Norm willen ganz oder teilweise unangewendet lassen, dann hat es nach Art. 100 Abs. 1 GG zu verfahren.  
4. Art. 3 Abs. 2 GG ist eine echte Rechtsnorm. Er enthält wie Art. 3 Abs. 3 GG eine Konkretisierung des allgemeinen Gleichheitssatzes.  
5. Seit dem Ablauf der in Art. 117 Abs. 1 zweiter Halbsatz GG gesetzten Frist sind Mann und Frau auch im Bereich von Ehe und Familie gleichberechtigt.  

Urteil
 
des Ersten Senats vom 18. Dezember 1953  
-- 1 BvL 106/53 --  
in dem Verfahren wegen verfassungsrechtlicher Prüfung des Art. 117 Abs. 1 GG auf Antrag des Oberlandesgerichts Frankfurt (Main) in dem Rechtsstreit des K. gegen K. wegen Ehescheidung - 3 W 87/53 -.  
Entscheidungsformel:  
Artikel 117 Absatz 1 GG ist insoweit wirksam, als er das dem Artikel 3 Absatz 2 GG entgegenstehende bürgerliche Recht auf dem Gebiete von Ehe und Familie mit Ablauf des 31. März 1953 außer Kraft setzt.

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