Das Persönlichkeitsrecht ist ein Grundrecht, das dem Schutz der Persönlichkeit einer Person vor Eingriffen in ihren Lebens- und Freiheitsbereich dient. Im deutschen Recht ist das Persönlichkeitsrecht als solches nicht ausdrücklich geregelt. Zunächst wurden lediglich einzelne besondere Persönlichkeitsrechte wie das Recht auf Achtung der Ehre, das Namensrecht oder das Recht am eigenen Bild ausdrücklich gesetzlich geregelt. Zunehmend zeigte sich jedoch, dass damit kein umfassender Schutz gegen die zunehmenden Beeinträchtigungen des persönlichen Lebens- und Freiheitsbereichs gewährt werden konnte.
Seit den 1950er Jahren wurde in richterlicher Rechtsfortbildung das allgemeine Persönlichkeitsrecht (APR) mit einem umfassenden Persönlichkeitsschutz aus Art. 1 Abs. 1 (Menschenwürde) in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG (freie Entfaltung der Persönlichkeit) abgeleitet. Es wurde in einer Fülle von Urteilen weiter ausgeformt und konkretisiert und ist in allgemeiner Rechtsüberzeugung heute gewohnheitsrechtlich anerkannt.
Vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht sind spezialgesetzlich geregelte, einzelne Persönlichkeitsrechte wie etwa das Urheberpersönlichkeitsrecht zu unterscheiden.
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (APR) ist ein absolutes umfassendes Recht auf Achtung und Entfaltung der Persönlichkeit. Es wurde 1954 vom Bundesgerichtshof entwickelt[1] und wird auf Art. 2 Abs. 1 GG (Freie Entfaltung der Persönlichkeit) in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG (Schutz der Menschenwürde) gestützt. Das Bundesverfassungsgericht hat die Bedeutung des APR in seinem Lebach-Urteil[2] von 1973 herausgestellt. Das Bundesverfassungsgericht sieht es als Aufgabe des allgemeinen Persönlichkeitsrechts an,
„im Sinne des obersten Konstitutionsprinzips der „Würde des Menschen“ (Art. 1 Abs. 1 GG) die engere persönliche Lebenssphäre und die Erhaltung ihrer Grundbedingungen zu gewährleisten, die sich durch die traditionellen konkreten Freiheitsgarantien nicht abschließend erfassen lassen; diese Notwendigkeit besteht namentlich auch im Blick auf moderne Entwicklungen und die mit ihnen verbundenen neuen Gefährdungen für den Schutz der menschlichen Persönlichkeit.[3]“
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist dementsprechend ein sehr weit gefasstes Grundrecht. Die Rechtsprechung bedient sich daher besonderer Fallgruppen, um den Anwendungsbereich dieses Grundrechts zu systematisieren. Darüber hinaus hat das allgemeine Persönlichkeitsrecht in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht eine Reihe speziellerer Ausprägungen erfahren. So hat das Gericht aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht in seinem Volkszählungs-Urteil das sog. Recht auf informationelle Selbstbestimmung entwickelt, in seinem Urteil zur Online-Durchsuchung[4] dann schließlich auch das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme.
Aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht folgt auch das Recht auf Resozialisierung sowie das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung. Darüber hinaus schützt es unter anderem das Recht am eigenen Bild sowie am gesprochenen (und geschriebenen) Wort. Es schützt auch vor entstellter Darstellung und dem Unterschieben von Äußerungen.[5]
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt die Persönlichkeit des Menschen in ihren verschiedenen Ausprägungen. Dabei unterscheidet die Rechtsprechung verschiedene Sphären der Persönlichkeit, deren Schutz unterschiedlich stark ausgeprägt ist:
- Die Öffentlichkeitssphäre ist der Bereich, in dem der Einzelne sich der Öffentlichkeit bewusst zuwendet, etwa wenn er bewusst an die Öffentlichkeit tritt und sich öffentlich äußert. Diese Sphäre genießt den schwächsten Schutz.
- Die Sozialsphäre ist der Bereich, in dem sich der Mensch als ‚soziales Wesen‘ im Austausch mit anderen Menschen befindet. Hierzu zählt insbesondere die berufliche, politische oder ehrenamtliche Tätigkeit. Diese Sphäre ist – z. B. gegen Veröffentlichungen – relativ schwach geschützt, so dass Eingriffe in aller Regel zulässig sind, wenn nicht ausnahmsweise Umstände hinzutreten, die den Persönlichkeitsschutz überwiegen lassen.
- Privatsphäre: Diese wird einerseits räumlich (Leben im häuslichen Bereich, im Familienkreis, Privatleben), andererseits aber auch gegenständlich (Sachverhalte, die typischerweise privat bleiben) definiert. Eingriffe in diese Sphäre sind in der Regel unzulässig, wenn nicht ausnahmsweise Umstände hinzutreten, die die gegenläufigen Interessen überwiegen lassen (z. B. bei Presseveröffentlichungen aus dem Privatleben von Politikern, wenn ein überwiegendes öffentliches Informationsinteresse besteht).
- Intimsphäre (Innere Gedanken- und Gefühlswelt, Sexualbereich). Eingriffe in diese Sphäre sind stets unzulässig.
Greift eine Maßnahme in die Intimsphäre ein, wird ein letztlich unantastbarer Bereich privater Lebensgestaltung betroffen.[6] Die Intimsphäre ist dem staatlichen Zugriff verschlossen. Eine Abwägung nach Maßgabe der Verhältnismäßigkeitsprüfung findet nicht statt. Der Gesetzesvorbehalt aus Art. 2 Abs. 2 GG gilt wegen der engen Verknüpfung mit Art. 1 Abs. 1 GG nicht. Dies trifft auch für den Kernbereich der Ehre zu.[7] Eingriffe im Bereich der Privatsphäre sind nur unter strikter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zulässig. Bei Eingriffen in die Sozial- und Öffentlichkeitssphäre sind im Rahmen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts die geringsten Anforderungen einer Rechtfertigung des Eingriffs zu fordern. Es gilt der Ges etzesvorbehalt des Art. 2 Abs. 2 GG.
Besondere Bedeutung hat das allgemeine Persönlichkeitsrecht im Bereich des Äußerungsrechts. Hier wird es häufig gegen Medienberichterstattung ins Feld geführt, wenn sich ein Betroffener ins falsche Licht gerückt sieht. Über die Zulässigkeit des Eingriffs wird entschieden durch Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und der Meinungsäußerungsfreiheit (Art. 5 GG) des jeweiligen Medienunternehmens.
Nach dem Bundesverfassungsgericht soll der Einzelne grundsätzlich selbst entscheiden können, wie er sich Dritten oder der Öffentlichkeit gegenüber darstellen will (sog. Verfügungsrecht über die Darstellung der eigenen Person). Hierfür publizierte das BVerfG folgende Fallgruppen:
- Schutz der Privat-, Geheim- und Intimsphäre (betrifft also den abgeschirmten Bereich persönlicher Entfaltung, Bsp.: ärztliche Krankenblätter)
- Recht am gesprochenen Wort (Problem: heimliche Tonbandaufzeichnung)
- Recht am geschriebenen Wort (Beispiel: Tagebuch)
- Schutz gegen Entstellung und Unterschieben von Äußerungen (Beispiel: Anspruch auf korrektes Zitieren)
- Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Einzelner kann bestimmen, welche ihn betreffenden Daten an staatliche Stellen gelangen oder dort verwahrt werden dürfen)
- Recht am eigenen Bild (Problem: Kunsturheberrechtsgesetz, Relative und Absolute Personen der Zeitgeschichte)
- Recht der persönlichen Ehre (Ehrschutzdelikte, Namensnennung im Zusammenhang mit Straftaten)
- Recht auf Weiterbeschäftigung im Arbeitsverhältnis § 242 BGB in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG
- Recht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme[14]
1973 stellte das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung (BVerfG, NJW 1973, 1226 f.) fest, dass dem Einzelnen ein "autonomer Bereich privater Lebensgestaltung, in dem er seine Individualität wahren und entwickeln kann" gesichert sein muss. Die genaue Ausgestaltung dieses Rechts ist dem Wandel der Zeit und allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklungen unterworfen. Der Umfang des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kann variieren und ist von der Rechtssprechung genauer zu bestimmen und auszufüllen. Einige Fallgruppen sind jedoch derzeit anerkannt:
- Schutz der Ehre (Ehrenschutz)
- Schutz der Privats- und Intimssphäre (BVerfG, NJW 1980, 2070 f.)
- Recht am eigenen Bild, der eigenen Stimme und dem gesprochenen Wort (BVerfGE 34, 238, 246)
- Recht auf Selbstbestimmung, wie man in der Öffentlichkeit dargestellt werden will
- Recht auf Verschonung von der Unterschiebung nicht getätigter Äußerungen (BVerfGE 34, 269, 282)
- Recht auf informationelle Selbstbestimmung (BVerfG, NJW 1984, 419, 421 f.)
- Grundrecht der Vertraulichkeit und Integrität von informationstechnischen Systemen (BVerfG, 1 BvR 370/07 vom 27.2.2008 )
EhrenschutzSchutz der inneren und äußeren Ehre einer Person | ||
Schutz der PrivatsphäreDie Privatheit der Person in nicht öffentlichen Bereichen soll geschützt werden | BildnisschutzDas eigene Bildnis ist geschützt | |
Allgemeines Persönlichkeitsrecht | ||
Schutz des LebensbildesDas öffentliche Bild (Ansehen / Reputation) der Person und das Bildnies deren Lebens ist geschützt | Informationelle SelbstbestimmungPersönliche Informationen sind geschützt | |
Schutz der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer SystemePersönliche gespeicherte Daten und persönliche IT Systeme sind geschützt |
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