Fünf Jahre nach EU-Beitritt Europäische Union stellt Rumänien unter Aufsicht
17.07.2012, 17:14
Er leitete ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten
ein und beschnitt die Befugnisse des Verfassungsgerichts: Dafür bekommt
Rumäniens Premier Ponta jetzt ein verheerendes Zeugnis von der
Europäischen Kommission ausgestellt. Nach dem sanften Staatsstreich in
Bukarest hält Brüssel die Demokratie für akut gefährdet - und fordert
schnelle konkrete Änderungen.
Die Europäische Kommission sieht die Rechtsstaatlichkeit in Rumänien
ernsthaft gefährdet und will das Land deshalb stärker als bisher bei
der Umsetzung geforderter Reformen überwachen. Das geht aus dem Entwurf
des "Fortschrittsberichts Rumänien" hervor, den die Europäische
Kommission an diesem Mittwoch dem Europaparlament und den 27
europäischen Staaten übergeben will. Er liegt der Süddeutschen Zeitung vor.
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Rumäniens Premier Victor Ponta vergangene Woche während
eines Gesprächs mit Journalisten in der rumänischen Vertretung in
Brüssel.
(© AFP)
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Die jüngsten politischen Turbulenzen in Bukarest hätten
"Bedenken verstärkt", dass Rumänien sein Staatswesen wirklich
"unumkehrbar und nachhaltig" reformiere, heißt es darin. Der Glaube an
Rumänien könne "nur zurückgewonnen werden durch den Beweis, dass Recht
über Parteiinteressen stehe, durch Respekt vor Rechtsstaatlichkeit und
nachhaltige Reformen."
Damit stellt die EU-Kommission dem Land fünf Jahre nach seinem
Beitritt zur EU ein verheerendes Zeugnis aus. Weil der Beitritt bereits
2007 umstritten war, wurde damals vereinbart, für Rumänien - und
Bulgarien - jährlich per Bericht zu dokumentieren, wie die noch von
Korruption und Vetternwirtschaft durchsetzten Länder demokratische
Standards umsetzen.
Ein hoher EU-Beamter sagte am Dienstag, die diesjährige
Beurteilung sei "im Lichte der Ereignisse der vergangenen Wochen"
erfolgt. Rumäniens Premier Victor Ponta
hatte ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten Traian Basescu
eingeleitet und dabei per Eilverordnung verfügt, dass künftig das
Verfassungsgericht die Beschlüsse des Parlaments nicht mehr beurteilen
dürfe. Dieses Vorgehen war heftig kritisiert worden.
Kommissionspräsident José Manuel Barroso hatte Ponta nach Brüssel
einbestellt und aufgefordert, die Beschlüsse rückgängig zu machen.
Ponta sicherte Barroso zwar zu, dies zu tun. Dennoch baute die
Kommission ihre Forderungen zunächst weiter aus. Auf drei Seiten listete
sie in dem Bericht auf, welche Reformen Rumänien bis Ende des Jahres zu
erledigen habe. Einige der am heftigsten kritisierten Maßnahmen der
vergangenen Wochen sollten rückgängig gemacht werden. So sollte das
Parlament die Zuständigkeit für das Amtsblatt zurückerhalten. Ponta
hatte es unter Kontrolle gebracht, um zu verhindern, dass missliebige
Gesetze in Kraft treten. Zudem sollte ein parteiübergreifend
akzeptierter Volksanwalt zur Korruptionsbekämpfung eingesetzt sowie der
Generalstaatsanwalt und der Chef der Anti-Korruptionsbehörde transparent
bestimmt werden.
Den größten Nachholbedarf listete der Bericht im Justizwesen
auf. Das Rechtssystems müsse "durch die Aufstellung und Umsetzung eines
umfassenden Reformkonzepts" erneuert werden, hieß es. Dazu zählten die
Neuordnung der Gerichte und der Staatsanwaltschaften.
Am Dienstagabend, unmittelbar vor Veröffentlichung des
Berichts, teilte die Kommission mit, Premier Ponta habe inzwischen
schriftlich zugesagt, alle Reformen umzusetzen. Ob das gelingt, ist
allerdings offen, weil das Parlament zustimmen muss. Brüssel
will Rumänien bis Ende des Jahres Zeit geben. Die Kommission wird dies
durch "regelmäßige Missionen" vor Ort überprüfen und im Dezember einen
neuen Bericht vorlegen.
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